Málaga präsentiert sich gern als moderne, wachstumsstarke Stadt mit Ambitionen in Sachen nachhaltige Mobilität. Doch bei der Infrastruktur für Radfahrende liegt die andalusische Metropole im Hintertreffen. Laut Angaben des städtischen Mobilitätsressorts existieren derzeit rund 51 Kilometer baulich getrennte Radwege. Weitere etwa 4 Kilometer befinden sich im Bau, zusätzliche 9 Kilometer sind in Planung. Ergänzend kommen rund 63 Kilometer auf Tempo 30 begrenzte Fahrbahnen hinzu, die offiziell als bevorzugte Routen für Fahrräder und andere leichte Fahrzeuge ausgewiesen sind.
Ein Blick auf eine 2024 veröffentlichte Analyse von PONS Mobility und der Plattform Meep, die die 20 einwohnerstärksten Städte Spaniens untersuchte, zeigt die Dimension des Problems: Málaga bildet unter den großen Städten das Schlusslicht mit rund 5 Kilometern Radweg pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Deutlich weiter sind Vitoria-Gasteiz (über 70 km), Córdoba, Alicante oder Sevilla. Städte wie Elche, Vigo und Madrid liegen knapp vor Málaga – ebenfalls schwach, aber nicht ganz so weit zurück. Die Zahlen markieren einen klaren Abstand zu jenen Kommunen, die das Fahrrad als vollwertiges Verkehrsmittel verankert haben.
Zerklüftete Netze und kritische Lücken
Im Alltag manifestiert sich dieses Defizit in einem fragmentierten Netz und konfliktträchtigen Situationen. Radfahrende, Fußgängerinnen und motorisierter Verkehr teilen sich vielfach Räume, die weder klar strukturiert noch sicher geführt sind. Immer wieder enden Wege abrupt, ohne erkennbare Weiterführung. Provisorien an Baustellen berücksichtigen üblicherweise Autos und Fußverkehr, nicht aber den Radverkehr.
Besonders gravierend sind die Lücken auf wichtigen Ost-West-Achsen. Aus dem östlichen Stadtteil El Palo endet der vorhandene Weg an den Baños del Carmen; eine sichere, durchgehende Verbindung ins Zentrum fehlt. Ähnlich problematisch ist die Anbindung an Rincón de la Victoria über El Candado und La Araña. Bewohnerinnen und Bewohner dieses Korridors finden sich zwischen Stadtteilen wieder, die nur mit erheblichem Risiko per Rad erreichbar sind. Das Ergebnis ist ein faktisch isolierter Bereich entlang der Küste, trotz hoher Bevölkerungsdichte.
Hinzu kommen neuralgische Punkte innerhalb der Stadtstruktur. Der Tunnel unterhalb der Alcazaba steht exemplarisch für umstrittene Planungsentscheidungen: Trotz einer Millioneninvestition und nachweisbarer räumlicher Möglichkeiten wurde kein eigenständiger Radstreifen vorgesehen. Gerade in Fahrtrichtung Plaza de la Merced, mit Steigung und dichtem Autoverkehr, entsteht eine hochbelastete Situation für Radfahrende.
Im Umfeld der Altstadt, etwa auf den Verbindungen vom Zentrum nach El Ejido und entlang der Calle Victoria bis Fuente Olletas, bleiben sichere, durchgängig geführte Routen ebenfalls aus. Die Folge ist ein Flickenteppich, der das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel ausbremst.
Verpasste Chancen auf Hauptachsen
Die Kritik konzentriert sich zudem auf jüngste Großprojekte. Auf der zentralen Alameda Principal wurde trotz umfangreicher Umgestaltung und hoher Investitionssummen keine konsequent reservierte Radverkehrsfläche geschaffen. Statt baulich klar getrennten Wegen finden sich Abschnitte, in denen sich Fußgängerströme, Haltestellenbereiche und markierte Radzonen überlagern. Die fehlende Trennung führt dort regelmäßig zu Unsicherheiten und Konflikten.
Ähnlich umstritten ist die Situation am Paseo Marítimo Pablo Ruiz Picasso. Unklare Markierungen und schwach wahrnehmbare Abgrenzungen schaffen ein „Mischraum“-Szenario, in dem weder zu Fuß Gehende noch Radfahrende verlässlich erkennen, welche Fläche für wen gedacht ist.
In den neuen Entwicklungsgebieten im Westen, etwa zwischen La Térmica und Sacaba, zeigt sich ein bekanntes Muster: groß dimensionierte Straßenräume mit mehreren Fahrspuren für den Autoverkehr, aber ohne von Beginn an integrierte, eigenständige Infrastruktur für den Radverkehr. Wo nachträglich Radwege entstehen, geschieht dies häufig zu Lasten des ohnehin knappen Gehwegs – anstatt zulasten überdimensionierter Fahrbahnen.
Besonders umstritten war auch der Rückbau eines Radstreifens an der Avenida Carlos Haya. Nutzerinnen und Nutzer beklagten das plötzliche Verschwinden einer bisher verfügbaren Verbindung, ohne gleichwertige Alternative.
Technische Standards und alternative Ansätze
Die Stadt verweist bei neuen Projekten zunehmend auf klar definierte technische Vorgaben. Vorgesehen sind Radwege mit einer nutzbaren Breite von etwa 2,20 bis 2,80 Metern. Grundlage sind Mindestabstände zwischen den Fahrspuren für Radfahrende sowie seitliche Sicherheitsräume, sodass etwa 2,50 Meter als Zielbreite gelten. Zur Trennung vom motorisierten Verkehr soll zumindest ein Sicherheitsstreifen von 0,30 Metern eingehalten werden. Geplante Entwurfsgeschwindigkeiten liegen bei rund 30 km/h, an problematischen Kreuzungen bei etwa 15 km/h. Der Bau solcher Anlagen erfordert teils umfangreiche Eingriffe: Anpassungen von Gehwegen, Grünflächen, Beleuchtung, Möblierung und Stellplätzen.
Parallel wird auf europäische Entwicklungen verwiesen, die einen anderen Weg betonen: die systematische Verkehrsberuhigung in Wohn- und Nebenstraßen. Ein Ansatz besteht darin, Kfz-Verkehr dort auf Einbahnregelungen zu beschränken, während Fahrräder in beide Richtungen fahren dürfen. Mit klarer Beschilderung und Bodenmarkierungen entstehen sogenannte „fahrradfreundliche Straßen“, ohne zusätzliche Flächen versiegeln oder Fußwege beschneiden zu müssen. Der finanzielle Aufwand ist im Vergleich zu baulich aufwendigen, separierten Trassen gering, setzt jedoch konsequente Planung, eindeutige Kommunikation und politische Priorität voraus.
Aktuell entstehen in Málaga mit Hilfe europäischer Fördermittel neue Verbindungen, unter anderem zwischen Teatinos und dem Messe- und Kongresszentrum sowie in den Bereichen rund um Martín Carpena, Sostoa, Juan XXIII, Ortega y Gasset, María Zambrano und Intelhorce. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um den strukturellen Rückstand aufzuholen und ein geschlossenes, sicheres Netz zu schaffen, bleibt eine offene Frage. Fest steht: Im innerspanischen Vergleich steht Málaga unter Zugzwang, will die Stadt das Fahrrad künftig als gleichberechtigten Bestandteil ihres Verkehrssystems etablieren.
Quelle: Diario SUR
