Spaniens stellvertretende Ministerpräsidentin und Finanzministerin Maria Jesús Montero hat Gibraltar erneut in den Fokus der Steuerpolitik gerückt – und für Verwirrung gesorgt. Bei einem Besuch der Mancomunidad de Municipios in Algeciras, im Rahmen eines 7,3-Millionen-Euro-Pakets für Abfall- und Wassermanagement im Campo de Gibraltar, erklärte sie, Gibraltar werde von der spanischen Liste der Steueroasen gestrichen, sobald das geplante Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU „unterzeichnet“ sei.
Mit dieser Verknüpfung stellt sie jedoch etwas in Frage, das bereits als geklärt galt: Denn die Entfernung Gibraltars von der spanischen Schwarzer Liste war im Steuerabkommen zwischen Spanien und Gibraltar verankert, das am 4. März 2021 in Kraft trat – unabhängig vom noch ausstehenden UK/EU-Vertrag zu Gibraltar. Nach dieser Vereinbarung hätte Spanien innerhalb von zwei Jahren handeln müssen. Bis heute ist das nicht geschehen, auch wenn Madrid wiederholt versichert hat, der Prozess laufe.
Vertragstreue als rote Linie für Gibraltar
Für Gibraltar ist die Umsetzung dieser Verpflichtung mehr als Symbolik. Die Regierung auf dem Felsen betrachtet die Streichung von der spanischen Liste als Voraussetzung für den Abschluss des neuen UK/EU-Abkommens. Regierungschef Fabian Picardo hat diesen Punkt öffentlich betont: Ein neuer Vertrag komme nicht infrage, solange der vorherige nicht erfüllt sei.
In einer TV-Debatte im Februar auf dem spanischen Sender TVE wies Picardo den Vorwurf zurück, Gibraltar sei ein „Steuerparadies“. Er verwies darauf, dass Gibraltar von der internationalen Financial Action Task Force (FATF) gelistet ist – und nicht als Risikostaat. Inzwischen wurde Gibraltar auch von der EU-Liste der Hochrisikostaaten gestrichen. Picardo unterstrich damals zudem das bestehende Steuerinformationsabkommen mit Spanien und das von Madrid zugesagte Entfernen Gibraltars von der spanischen Schwarzer Liste. Man stehe kurz davor, diesen Schritt zu sehen, sagte er – und machte klar, dass ohne dessen Umsetzung kein neues Abkommen unterschrieben werde. An dieser Haltung, so ist aus Regierungskreisen zu hören, hat sich nichts geändert.
Unklare Linie aus Madrid
Warum Montero die Streichung nun an die Unterzeichnung des UK/EU-Abkommens koppelte, bleibt offen. Sie ist selbst nicht direkt in die Verhandlungen zum Gibraltar-Abkommen eingebunden, was die Möglichkeit nahelegt, dass es sich um eine unpräzise Formulierung im Umgang mit Journalisten handelt. Auf Nachfrage wollte das spanische Finanzministerium ihre Aussage nicht näher erläutern und verwies lediglich auf ihre ursprünglichen Worte. Das Außenministerium in Madrid reagierte auf Anfragen nicht.
Die Regierung Gibraltars widerspricht der Darstellung klar. Aus No.6 Convent Place hieß es, es gebe keinerlei Verbindung zwischen dem UK/EU-Abkommen und Spaniens Verpflichtung aus dem bilateralen Steuervertrag, Gibraltar von der nationalen Schwarzer Liste zu nehmen.
Hoffnung auf „Fall des Zauns“
Trotz des Konfliktpunkts bemühte sich Montero in Algeciras um einen optimistischen Ton. Das vereinbarte Rahmenwerk mit dem Vereinigten Königreich und Gibraltar habe das Ziel, den Grenzzaun faktisch abzuschaffen und den freien Personenverkehr sicherzustellen. Sie sprach von einem „historischen“ Abkommen, das auf „immer herzlichere Beziehungen“ aufbaue und insbesondere in Bereichen wie der Besteuerung von Tabak eine stärkere steuerliche Annäherung zwischen Gibraltar und den angrenzenden spanischen Gemeinden vorsehe.
Montero dankte den Behörden in Gibraltar für die intensive Zusammenarbeit und zeigte sich überzeugt, dass das Abkommen bald unterzeichnet werden könne. Es sei eine gute Nachricht für die Beziehungen sowohl zum Vereinigten Königreich als auch zu Gibraltar und ein wichtiger Schritt für den Alltag der Menschen in der Region, die auf ein Ende der Unsicherheit und auf den symbolischen „Fall des Zauns“ warten.
